Umfrage zum Thema Prüfungsangst 

In Deutschland geben 13% der Studentinnen und Studenten an, behandlungsbedürftige Prüfungsangst zu haben. Das sind immerhin 275533 (!!!!) Menschen. Von den 13% nehmen allerdings nur 2 % Hilfe an.

Unsere Vermutung ist, dass da was mit den Angeboten nicht stimmt. Also möchten wir herausfinden, wie ein Angebot sein müsste, damit Du es gut findest.

Wenn Dir etwas wichtiges zum Thema einfällt, sag gerne bescheid! Entweder per Mail, oder telefonisch unter 040-69 79 68 84. 
Jede Mail wird schnell bearbeitet. 
Bis bald, Nicolai

    Worum geht’s?

    Die letzte Umfrage ist beendet. Aber was wurde eigentlich gefragt?

    Folgendes fiel auf: In einer Studie von 2009 (BMBF 2009, S.464), wurde festgestellt, dass von 16.000 befragten Studenten, immerhin 13 % angeben, in dem betreffenden Jahr mindesten Einmal Hilfe wegen Prüfungsangst benötigt zu haben. Sich wirklich Hilfe geholt haben allerdings nur 2 %.

    Wenn wir das ganze umrechnen, bedeutet dass, das 15 Prozent der Prüfungsängstlichen, die selber angeben Hilfe zu brauchen, auch welche Annehmen. Umgekehrt also 85 % keine Hilfe suchen, obwohl sie welche benötigen. Wenn man sich die selben Zahlen mit einem Zahnarztbesuch vorstellt wird es richtig absurd. Prüfungsangst scheint allerdings tolerierter zu sei, da jeder Mensch verstehen kann, dass man sich vor Prüfungen fürchtet.

    . . . und jetzt?

    Bevor es in die Zahlen geht, sei angemerkt, das eine ausgeprägte Prüfungsangst ein ernstes Thema ist. Das eigentliche Problem ist nicht die einzelne Prüfung selber, sondern dass Prüfungsängstliche häufig hinterher schlechtere Noten bekommen. Die führen, falls ein Abschuss gemacht wird, zu niedrigeren Einstiegsgehältern und häufig dazu, dass die Betroffenen lebenslang unter ihren Fähigkeiten eingesetzt werden.

    Wenn man dabei bedenkt, dass die durchschnittliche Verweildauer bei Prüfungsangst nur 2-3 Sitzungen ist, sollte man meinen dass man diese 3 Stunden Zeit investieren könnte, bzw. müsste. Trotzdem - Denken wir an den Zahnarztbesuch zurück : 85 % nehmen, wenn auch nicht freiwillig in Kauf, dass im leben einiges ins Arge gerät. Aber warum?

    Wer wurde befragt?

    Befragt wurden 122 Personen, die über diese Website einen Fragebogen zu Prüfungsangst ausgefüllt haben. 100 Fragebögen wurden komplett beanwortet.

    Die folgende Umfrage ist nicht repräsentativ im wissenschaftlichen Sinne, da die Stichprobe zu klein ist. Allerdings lässt sich ein klarer Trend erkennen, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in größeren Befragungen bestätigen wird.

    Die Auswertung zeigt, dass deutlich mehr Frauen angeben von Prüfungsangst betroffen zu sein.

    Das ist erstmal keine Überraschung, denn gemeinhin gelten Frauen bei Angststörungen als stärker betroffen als Männer.

    Exkurs- Geschlechterverteilung bei Prüfungsangst: Für den Teilbereich der sozialen Phobie wurden 3-4 mal höhere Häufigkeiten bei Frauen in der Bevölkerung festgestellt. In klinischen Stichproben hingegen, ist das Geschlechterverhältnis mit 1:1 etwa gleichverteilt, was dadurch erklärt wird, dass Männer aufgrund übernommener Rollenvorstellungen, Probleme eher direkt angehen (Fehm, S.800). Einen interessanten Geschlechtsunterschied konnten Chapell et al. 2005 in einer Untersuchung an Graduate Studenten feststellen: Anders als ihre männlichen Kommilitonen, waren ausschließlich Studentinnen von der Leistungseinbußen bei Prüfungsangst betroffen. (Studenten konnten zwar auch von Ängsten geplagt sein, jedoch wirkte sich dass in der Regel nicht auf die Leistung aus). Umgekehrt hatten die Studentinnen trotz der höheren Angstwerte die besseren Ergebnisse in den Prüfungen (Chapell et al., zitiert nach Knigge-Illner, S.336).

    Spannend ist vor allem, in welchen Bereichen Prüfungsangst vorkommt. Das Problem an vielen wissenschaftlichen Untersuchungen ist, dass Uniprofs und Leute die an Universitäten forschen, am liebsten Studenten befragen, weil die sowieso vor ihrer Zimmertür vorbeilaufen. Ich selbst habe den Link zur Umfrage auch über Uni-Emailverteiler versendet, so dass in den Ergebnissen deutlich mehr Studenten vorkommen dürften als in „freier Wildbahn“.

    Obgleich übermäßig viele Studenten in der Untersuchung sein müssten, machen diese nur ein knappes Drittel aus. 37% der Befragten gehen zur Schule und knappe 20 % - und das ist auch wichtig und interessant, leiden an Prüfungsangst, obwohl sie längst im Job sind.

    Schade ist, dass in den Mainstream Untersuchungen, vor allem Haupt- und Realschüler nicht wirklich vorkommen. Immerhin ist anzunehmen, dass ein Teil von Ihnen auch das Zeug zu einer höheren Schullaufbahn hätte, wenn die Sache mit der Bewertungsangst nicht wäre.

    Warum wird keine Hilfe angenommen?

    Das ist die eigentliche Frage hinter den vielen Fragen. Interessanterweise hat sich bisher kaum jemand darum gekümmert. Alle mir bekannten Untersuchungen haben sich darauf beschränkt festzustellen: „Es gibt Leute die Hilfe brauchen, es gibt Leute die Hilfe anbieten und nur ganz wenige nehmen Hilfe an.“ So richtig schlauer wird man dadurch natürlich nicht.

    Wenn man aus den obenstehenden Zahlen diejenigen rausrechnet, die angeben keine Hilfe zu benötigen, obwohl sie Angst haben, zeigt sich, dass von den verbleibenden 74 Personen, immerhin 31,08% angeben sich zu schämen, oder Angst zu haben um Hilfe zu fragen.

    Somit scheint vor allem das Thema Scham sehr wichtig zu sein.

    Die Frage die logischerweise daraus entsteht, ist, wie denn ein Angebot aussehen müsste, dass angenommen wird, obwohl man an Prüfungsangst leidet.

    Wenn Du selber an Prüfungsangst leidest und genau dieses Problem kennst, würde ich mich freuen, wenn Du – mit Hilfe der Anonymität des Internet – dazu etwas ins Forum schreiben könntest. Nur so kommen wir alle von der Stelle. Andere User können von Deiner Einschätzung profitieren und Therapeuten die dies lesen, können sich überlegen wie sie ihre Hilfsangebote strukturieren.

    Es wäre einfach jammerschade, wenn es immer so weiter geht, dass etliche Tausend Menschen evtl. Lebenslang unterhalb ihrer Fähigkeiten arbeiten müssen und ggf. andere, die den Job nicht so gut machen, aber redegewandter sind, die Stelle kriegen.

    Quellen:

    • Bundeministerium für Bildung und Forschung (2009), Die wirtschaftliche und soziale Lage der studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009.
    • Fehm, Lydia (2006), soziale Phobie. In H.U.Wittchen u. J.Hoyer (Hrsg), Klinische Psychologie und Psychotherapie (S.795 – 810). Heidelberg: Springer Medizin Verlag.
    • Knigge-Illner, Helga (2009), Prüfungsangst bewältigen - Schwerpunktheft zum Thema Arbeitsstörungen und Prüfungsangst. In Psychotherapeut, Band 54, Heft 5. - September 2009. Arbeitsstörungen und Prüfungsangst. Springer Medizin Verlag GmbH. Heidelberg.

    Videos zum Thema Prüfungsangst

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    Umfrage zu Prüfungsangst

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